1920. Zwei Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, der Friedensvertrag von Versailles tritt in Kraft und Österreich wird in den Völkerbund aufgenommen. In Amerika erhalten Frauen ihr Wahlrecht und am Anfang des Jahres wird die Prohibition eingeführt. Alkohol wurde landesweit verboten. Sowohl das Herstellen als auch das Transportieren und Vertreiben von alkoholischen Getränken wie Bier, Wein und Destillaten ist strengstens untersagt.
Für manche eine langweilige Zeit, doch genau da hat die Prämisse von City of Gangsters ihren Ursprung. Im Spiel von SomaSim nimmt man die Stelle eines Gangsteroberhauptes ein und versucht ein Verbrechersyndikat mithilfe von selbstgebrautem Bier aus dem Hinterzimmer hochzuziehen. Wie sich das Spiel im Test schlägt, erfahrt ihr im folgenden Text.
Ein kleines Imperium
Das Tutorial begrüßt uns mit unserem Onkel, der uns einiges über das Leben in Chicago beibringen möchte. Im Hinterzimmer eines Holzwarengeschäftes, welches uns mit feinem Malzsirup versorgt, ziehen wir eine kleine Brauerei auf. Das Einzige, was wir dann noch für fertiges Bier benötigen sind Gefäße, in die wir es abfüllen können. Hierbei bedienen wir uns an Tonkrügen, welche wir von einer Bekanntschaft beziehen. Doch wohin mit dem frischen Bier? Direkter Straßenverkauf ist verboten. Das bedeutet wir benötigen Abnehmer, die wir durch Reden mit Nachbarn und einsetzen von Gefallen ausfindig machen können.
Es bleibt einem glücklicherweise genug Zeit zum Überlegen, da es ein rundenbasiertes Spiel ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass unendlich viele Möglichkeiten vorhanden sind. Eine Runde umfasst genau eine Woche und jeder unserer Handlanger hat eine gewisse Anzahl an Bewegungs- und Aktionspunkten. Das Entdecken von neuen Straßenecken zum Beispiel benötigt einiges an Bewegungspunkten. Sollten sich sogar noch neue Läden an dieser Stelle befinden, werden Aktionspunkte verbraucht, um herauszufinden um welches Geschäft es sich dabei handelt. Neue Läden erschließen uns neue Möglichkeiten für den Vertrieb.
Expansion als Schlüssel
So gelingt es uns über Zeit Profit anzuhäufen, um weiter zu expandieren. Durch den Einkauf von Produktionsgütern und vor allem dem Verkauf von illegalen Getränken steigt die Gunst bei den jeweiligen HandelspartnerInnen. Dadurch werden uns weitere Kaufmöglichkeiten offenbart und wir haben das ein oder andere Stein im Brett, welches wir für verschiedenste Optionen einlösen können. Einerseits für ein gutes Wort bei anderen HandelspartnerInnen, aber auch bei Störenfrieden.
Auch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sogenannte Fronten etabliert werden können. Diese dienen uns, indem wir anliegende Territorien annektieren können. Sobald eine Ecke in unserem Gebiet ist, können wir eine gewisse „private Steuer“ bei den Geschäften verlangen, um Dienste zu sichern. Dienste wie zum Beispiel Schutz vor Zerstörung oder plötzlichem Verlust an Umsatz.
Ab einer gewissen Größe des Imperiums wird es immer schwieriger alles alleine zu managen und die Gefallen werden dann gegen Mitglieder für unser Syndikat eingetauscht. Diese neugewonnenen Kräfte können wir entweder als Manager für unsere Brauereien und Destillen einsetzen, um die Produktion zu erhöhen. Oder wir benutzen sie als LieferantInnen und legen einzelne Handelsrouten fest, um den Kauf und Verkauf zu automatisieren.
Eine Hand wäscht die andere
Sobald alles rund läuft, wird über dich auf den Straßen geredet. So passiert es, dass bei deinem nächsten Besuch um Hilfe gebeten wird. Diese kleinen Seitenmissionen können von einfachen Krediten bis hin zu Bestellungen für eine Rohstofflieferung reichen. Die Belohnungen sind ebenso weitreichend. Ein neuer Truck für den Fuhrpark, Rohstoffe, Geld oder gar neue Kontakte und MitarbeiterInnen für das Syndikat können hierbei erworben werden.
Die meisten der Missionen sind ohne zeitliche Begrenzung, was das ganze wesentlich vereinfacht und niemand ist böse, wenn es länger dauert als anfänglich angenommen. Sollte aber eine Abgabezeit angegeben sein, werden alle bisherigen Bemühungen für diese Mission negiert und die/der AuftraggeberIn wird sauer.
Aber das ist nicht die einzige Gefahr. Die Exekutive schläft leider nicht und kontrolliert immer wieder bei verschiedenen Ecken einzelne Gebäude durch, ob wohl kein Alkohol oder Zigaretten vorhanden sind. Diese Kontrollen laufen überwiegend zufällig ab. Sollte jedoch an einer Straßenecke zu viel „heat“ entstehen, also wenn zu viel dort passiert, kann die Polizei schon ein paar Wochen dort stehen bleiben. Bloß keine Geschäfte dort haben, sonst wird man umgehend bestraft, indem mindestens die heiße Ware konfisziert wird und im schlimmsten Fall eingebuchtet wird.
Eine weitere Herausforderung gestaltet sich mit den vorher genannten Lumpenbanden, welche sich über verschiedene Ecken der Stadt verteilt haben. Einige sind „auf Stress aus“ und wollen deinem Geschäft schaden, indem sie Angreifen und die Lieferwagen zerstören. Aber mit einigen Gefallen und wenn man die richtigen Leute kennt, können sie auch angeworben werden. Andere hingegen sind auf Handel aus und bieten uns einen Sonderpreis für Rohstoffe oder Waffen, welche zufälligerweise von einem Laster gefallen sind.
Diversität und Ethnizität
Amerika ist das Land der vielen Möglichkeiten. Beim Erstellen einer neuen Partie kann man sich für drei verschiedene Städte entscheiden: Detroid, Chicago und Pittsburgh. Diese unterscheiden sich voneinander jedoch nur vom Layout. Wo welche Geschäfte sind und welche Angebote diese haben sind gänzlich zufällig. Durch ein Seed-System, das viele von anderen Spielen wie beispielsweise Minecraft kennen dürften, können gleiche Städte weitergegeben und immer wieder erneut gespielt werden.
Auch ist die Ethnizität, die man am Anfang wählt, insofern wichtig, als das Leute aus dem eigenen Herkunftsland einem automatisch wohlgesonnener sind als andere. Man sitzt ja schließlich im selben Boot. Ansonsten hat es wenige Auswirkungen. Jedes Herkunftsland hat dieselbe Auswahl an Bonus-Fähigkeiten, die einem das Kaufen von neuen Gebäuden oder Erschließen neuer Territorien erleichtert. Die Auswahl des Herkunftslandes ist groß. Angefangen von Amerika über Deutschland bis hin zu Jugoslawien oder Österreich gibt es 16 verschiedene Länder, aus denen man auswählen kann.
Grafik und Ambiente
Grafisch ist es sehr einfach gehalten, mit simplen Polygonen und unkomplizierten Modellen. Dadurch, dass man die meiste Zeit nicht nahe an den Gebäuden dran ist, um den Überblick zu behalten, fällt dies auch recht wenig ins Gewicht. Die Icons für die einzelnen essenziellen Gebäude und Fahrzeuge sind wesentlich wichtiger. Sie sind groß genug, um unschöne Anblicke zu überdecken. Unglücklicherweise kommt es oft vor, dass wenn zwei Fahrzeuge auf der gleichen Ecke sind, diese sich mit deren Avataren gegenseitig überdecken. Gleiches passiert leider auch bei zu nahestehenden Handelsgebäuden.
Die musikalische Untermalung hingegen ist sehr passend. Es kommt einem so vor, als würde man in den 1920ern sein und bei einem Café mit zarter Klaviermusik beschallt werden. Kirchen- und alte Fahrradglocken, begleitet von vereinzelten Pfeifentönen der Polizei geben einem das Gefühl mitten drinnen zu sein, anstelle nur dabei.
Wertung
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Fazit
Alles in allem ist City of Gangsters ein grandioses Spiel für zwischendurch, bei dem man ungefähr das gleiche Zeitgefühl wie bei Sid Meier’s Civilization hat. Eine Runde geht noch, eine noch, vielleicht noch eine und so weiter…
Für alle, die in nächster Zeit ein Aufbau-Managementspiel suchen, ist City of Gangsters eine sichere Anlage mit hohem Suchtfaktor.