Growing_Up_Thumbnail

Growing Up im Test: Ein ausgewachsenes Spiel?8 min Lesezeit

Veröffentlicht von

Keiner hat gesagt, dass es leicht ist aufzuwachsen. Dies haben sich die Entwickler*innen von Vile Monarch auch gedacht, beziehungsweise erfahren. Diese mittlerweile große Truppe hat sich erneut zusammengetan und das Thema des Alterns als Inspiration für Growing Up hergenommen. Wer in ihrem Freundeskreis ist, kann sich nämlich unter Umständen im Spiel wiederfinden. So die Aussage in den Credits. Doch worum geht es genau? Ihr erfahrt es im folgenden Test.

Babyschritte – Erste Eindrücke

Beim ersten Start werden wir gleich mit ein paar Fragen begrüßt. Wollen wir uns überraschen lassen wie unsere Eltern aussehen? Oder wollen wir uns schon vor der Geburt einen kleinen Überblick verschaffen? Bei der Auswahl der Elternteile sind auch gleichgeschlechtliche Eltern möglich. Auch können wir uns aussuchen, ob wir als Mädchen oder als Junge das Licht der Welt erblicken wollen. Während die Entscheidung, welche Eltern wir haben, scheinbar keine Auswirkungen hat, hat man je nach eigenem Geschlecht andere Auswahlmöglichkeiten im späteren Spielverlauf.Growing_Up_Screenshot_1

Anschließend werden uns einige kleinere Fragen in Form eines Briefes der Eltern an uns gestellt. Beispielsweise worauf sie bei der Erziehung achten werden, dass sie hoffen dir gute Werte beizubringen und ähnliches. So beginnen wir unser neues Leben im Babybett und versuchen uns zu orientieren. Das Tutorial ist in diesem Fall verpflichtend und es gibt keine Möglichkeit es auszuschalten. Das macht aber nicht wirklich etwas aus, da unsere Optionen so oder so recht eingeschränkt sind.

Dank vieler Interaktionen mit unseren Eltern lernen wir dann das Krabbeln, Laufen und Sprechen und können anschließend in die nächste Phase übergehen.

Erwachsen werden – Gameplay

Ein Spieltag ist in zwei Abschnitte gegliedert. Am Vormittag sitzt man in der Schule, unterhält sich mit allerlei Menschen und erwirbt Wissen mithilfe der „Gehirnkarte“, ein großes Feld mit verbundenen Kreisen, das nach und nach aufgedeckt wird. So bauen wir unsere sechs Eigenschaften aus. Für verschiedene Fähigkeiten, die uns in später weiterhelfen oder für den großen Test zum Schluss des Abschnittes, werden unterschiedliche Eigenschaften benötigt. So braucht man zum Beispiel für „Geschichten erzählen“ ein Mindestmaß an Vorstellungskraft.

Auf der Gehirnkarte erhöhen wir auch unsere Aktionspunkte und vor allem unser Wissen, welches wir brauchen um die Fähigkeiten zu kaufen. Ein Beispiel: Je höher unsere Vorstellungskraft ist, desto billiger werden die Wissenskosten für alle Fähigkeiten, die diese benötigen. Dies gilt natürlich auch für die anderen Eigenschaften. Im Laufe des Spiels kommen immer mehr und mehr Sonderpaneele dazu, die uns ermöglichen, größere Bereiche der Karte aufzudecken oder alle offengelegten Punkte der Karte eines Typs einzusammeln.

Nachdem wir die Schule für den Tag abgeschlossen haben, gehen wir nach Hause. Dieser Übergang ist auch der Zeitpunkt für interaktive Cut-Scenes, in denen wir uns mit verschiedenen Gleichaltrigen anfreunden oder ihnen aus dem Weg gehen können. Es sind viele kleinere Entscheidungen, die sich über das ganze Spiel hinweg ziehen und später dann in Fallout-Manier zu verschiedenen Endkarten führen können.

Alles hat Einfluss

Die zuvor genannten Aktionspunkte werden dann im zweiten Abschnitt benötigt. Zu Hause können wir diese Energie dazu benutzen, um unsere Stimmung zu heben, Geld zu verdienen oder uns weiterzubilden. Jede Aktion, die wir unternehmen, sei es im Park liegen und die Wolken beobachten oder in einem Restaurant aushelfen, hat Einfluss auf uns oder unsere Eltern.Growing_Up_Screenshot_2

Die Eltern sehen es nicht gerne, wenn wir herumtrödeln und die Zeit für unsere geistige Gesundheit nutzen, aber freuen sich in geringen Maßen, wenn wir interessiert und angestrengt neue Fähigkeiten lernen.

Hierbei liegt auch die ganze Schwierigkeit des Spiels. Wir können unseren geistigen Haushalt durch diverse Aktivitäten nicht im positiven Bereich halten, ohne dass uns das Taschengeld von unseren enttäuschten Eltern gestrichen wird. Zudem werden wir auch erdrückend regelmäßig mit den Erwartungen dieser eingedeckt. Im Spiel sieht dies so aus, dass wir eine ausgewählte Eigenschaft in kurzer Zeit um bis zu 300 Punkte steigern müssen.

Doch dies ist noch nicht alles. Der Test gegen Ende der Schule rückt mit jedem Tag näher. Diejenigen, die nun befürchten, dass ihr naturwissenschaftliches Wissen auf die Probe gestellt wird, können wir beruhigen. Es ist nur ein Minispiel, bei dem wir versuchen müssen, so viele Eigenschaftsicons wie möglich einzusammeln. Diese benutzen wir dann, um unsere gelernten Fähigkeiten zu kaufen, die unser Zeugnis aufbessern.

Rückblick und Nostalgie – Narrative Ethik

Wir werden vor viele Entscheidungen gestellt und einige haben große Auswirkungen. Zumindest fühlt es sich beim ersten Durchspielen so an. Beim zweiten Mal ist es schon ein wenig anders. Die Fragen, die uns erneut gestellt werden, so wenig wie es sind, zeigen uns in gewisser Weise eine „Illusion der Auswahl“. So sind wir mit einer Freundin ins Kino gegangen um ein wenig Spaß zu haben. Wir bekamen ein wenig Ärger, der sich spieltechnisch gar nicht ausgewirkt hat. Beim zweiten Mal versuchten wir sie zu überreden, doch es gelang uns nicht und sie ging alleine und bekam Ärger.Growing_Up_Screenshot_3

So kann dies eine „Illusion der Auswahl“ sein, aber nur, wenn man nicht sieht, was passiert. Gehen wir mit, verstärkt das unsere Freundschaft gemeinsam nach dem Motto „durch dick und dünn“.

Ein weiterer Aspekt, der etwas schleierhaft ist: die Sexualität. Es ist nicht ganz ersichtlich, ob das Spiel die eigene Sexualität mit der Geburt festlegt oder ob wir uns dorthin arbeiten können, wofür wir uns interessieren. So scheiterte der Versuch, mit der besten Freundin eine Beziehung zu starten, da sie nicht auf Mädchen stand. Auch haben wir versucht, die Sportskanone vehement abzuweisen, doch wir sind dann Freunde geworden. In den Endcredits gibt es die Auflösung, welchen Beruf wir bekommen und wen wir heiraten. Zur großen Überraschung war es dann ein Mann.

Große Entscheidungen

Das Spiel stellt uns auch vor großen Entscheidungen, die uns Freunde bescheren oder wegnehmen. Diese haben dann natürlich auch Einfluss auf unsere Geschichte. Wie im richtigen Leben ist nicht immer ersichtlich, wodurch welches weitere Ereignis gestartet oder unterdrückt wird. Das kann man den Macher*innen von Vile Monarch sehr zugutehalten. Sie haben es auch geschafft, den Stress, den man als Heranwachsende hat, spielerisch darzustellen und somit einige Erinnerungen geweckt.

Eltern mit einem oder mehreren Kindern im jugendlichen Alter könnten das Spiel mal ausprobieren. Bekommen diese dann Einsicht in das Leben und die Gedanken des Nachwuchses? Vermutlich nicht, aber vielleicht hilft es ein wenig den Druck der Eltern zu verringern. Dies ist jedoch nur eine Hypothese und jeder Mensch ist bekanntlich anders.

Wertung
  • 86%
    Grafik - 86%
  • 87%
    Atmosphäre - 87%
  • 68%
    Spannung - 68%
  • 96%
    Steuerung - 96%
  • 63%
    Technik - 63%
80%

Fazit

Growing Up ist ein wunderbares Ressourcenmanagementspiel, bei dem wir unsere Kindheit mit allen schönen und grauenhaften Aspekten erneut durchleben können. Mit den verschiedenen Herausforderungen ist es ein sehr nettes Spiel für zwischendurch; mit kleinem Suchtfaktor für Entscheidungsfreudige. Auch für Fans der Sims-Reihe ist es bestens geeignet. 

Es ist momentan nur über Steam für den PC erhältlich und erschien am 14.10.2021.

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert